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Abstract:
Der Band der unter dem Titel KUNST SEHEN versammelten öffentlichen Vorlesungen des Kunstwissenschaftlers Michael Bockemühl bildet mit dem Blick auf die Malerei im ausgehenden 19. Jahrhundert die Ouvertüre der Reihe und formuliert das grundlegende Motiv seiner Kunstbetrachtung: Das Sehen selbst als einen geistig schöpferischen Prozess erfahrbar zu machen, ist das Potenzial der Kunst. Der gesteigerte Realismus und Naturalismus in der Malerei der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts legt eine Identität von Sehen und Begreifen nahe: Die Illusionsbildung wird perfektioniert, jedes Bild ist ein Fenster in die Welt. Was aber ist die Wirklichkeit? Ist sie gegeben, oder wird sie hervorgebracht? Gerade die scheinbare Deckungsgleichheit von Gegenstand und Abbild eröffnet die Möglichkeit, auf den Prozess der Hervorbringung von Wirklichkeit in Wahrnehmung und Bewusstsein zu reflektieren: Was ist wirklich, was ist Illusion und wie kann sich der Einzelne innerhalb seiner Erfahrungswelt der Objektivität des Gegebenen versichern?